Mahler 7. Symphonie "Lied der Nacht"
Ich möchte mal hier, als "Mahler-Fraktion":D, aus heiterem Himmel einen neuen Mahler-Thread starten. Ich hoffe es gibt noch keinen zu seiner 7. Symphonie.
Da mir die Idee zu dem Thread gerade ganz plötzlich gekommen ist, kann ich wenige Hintergrund-Informationen zu der Symphonie geben, außer, dass sie m 19. September 1908 in der Prager Konzerthalle unter Mahler selber uraufgeführt wurde, und dass die beiden Nachtstücke, die der Symphonie später ihren Namen (der nicht von Mahler stammt!) gaben, schon während der Arbeit an der 6. Symphonie entstanden.
Mahler meinte, diese Musik sei sehr fröhlich, (fast) jeder würde sie, im Gegensatz zur 5. und 6. verstehen. Nichts da! Die 7. bleibt die am schwersten verständliche und wohl auch deswegen am wenigsten beachtete Symphonie Mahlers. Für mich ist sie aber eine fast schon unheimlich gute Musik...

Außerdem empfinde ich sie als die modernste Symphonie (vielleicht mit ausnahme der 10.) die Mahler je geschrieben hat und würde sie auch seinem spätwerk zurechnen. Die Nachtstücke weisen irgendwie schon auf die zweite Wiener Schule hin. Und siehe da, die 7. war auch Alban Bergs Lieblingssymphonie...
Der erste Satz erinnert in manchem noch an die 6. Symphonie. Nicht zuletzt aufgrund seins Hauptthemas...
Er ist ein ungeheures Monstrum. Aber durchaus im positiven Sinne gemeint, obwohl man hier kaum mehr durchblickt blickt. Ein besonderes Merkmal ist das, gar nicht nächtlich wirkende, "grelle" Dur, das einen beinah erschlägt.
Zu den Nachtstücken - Sätze 2. und 4. habe ich ja bereits gesagt, dass ich sie sehr modern empfinde. Hier erinnert man sich immer an einzelne Episoden, jedoch scheinen sie als Ganzes sehr ungreifbar.
Der 3. Satz - Scherzo ist der Satz der am meisten die Bezeichnung "Nachtstück" verdient hätte. er huscht regelrecht an einem vorbei. Ich liebe diesen Satz seit ich ihn das erste mal gehört habe...:)
Das Sonnen-Finale: Hmm, ich empfinde es nicht wirklich als Triumph; ganz im Gegenteil, er macht die geheimnissvolle, in die Zukunft weisende Stimmung der vorangegangenen Sätze wieder zunichte. Wie im ersten Satz erschlägt das Dur einen beinah. Mit diesem Satz hat sich Mahler schon sehr viel erlaubt, meiner Meinung nach und ich halte ihn für eher weniger gelungen. Ich kann ihn nur noch mit viel Humor nehmen...:D
Aber was macht das schon, wenn man 4. Sätze gehört hat, bei denen man aus dem staunen gar nicht mehr herauskommt?
Ich halte die 7. außerdem für interpretatorisch sehr schwierig. Man muss sowohl auf die kammermusikalischen Züge, als auch auf die groß angelegten Randsätze eingehen können. Und mann muss die richtige Mischung zwischen Durchsichtigkeit und Emotion finden.
Wie den ganzen Zyklus kann ich auch hier wieder einmal Bernstein, Sony empfehlen:

Wie immer gut, aber etwas langweilig und letztendlich nicht aussagekräftig genug empfinde ich hier Abbado: (hier ist allerdings der letzte Satz wirklich gut -besser als bei Bernstein- gelungen)

Ich höre die Symphonie am liebsten etwas flotter, deswegen gefällt mir Boulez nicht besonders

sondern vielmehr Kondrashin, der eine ausgezeichnete Interpretation abgeliefert hat. (Kann ich nur empfehlen!)

Aber mein "Geheimtipp" hierbei ist eine Live-Aufnahme von Bruno Maderna mit dem Orchestra Sinfonica di Milano della RAI vom Milano, 24 dicembre 1971. Auch wenn die Aufnahme - technisch gesehen - etwas unausgewogen ist und die Kuhglocken hier wirklich - pardon - lächerlich klingen, ist das eine großartige Einspielung die man als Mahlerfreund umbedingt mal gehört haben muss.

Für Leute, die allerdings eine normale Interpretation haben wollen, sei dann doch eher auf obenstehende verwiesen.
Sehr gern hören wurde ich mal Klemperer (soviel ich weiß gibt es die einzige Aufnahme bei Amazon-Marketplace für über 120€ :ignore)
Und ab hat ja auch schon Horenstein (BBC) gelobt. Kenne ich auch noch nicht!
So, ich hoffe ich konnte einen annehmbaren Einstieg geben. Ist ja doch ziemlich lang gewoden:)
lg kreisler
von eurem kreislerianer
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